Küchenteufel isst auswärts: "Graue Erbsen" in Elmshorn

Ich bin ein großer Fan der regionalen Küche. Deshalb finde ich es auch immer sehr spannend, lokale Speisen zu kosten, die es nicht überall und vor allem nicht ständig zu essen gibt. Dafür muss man am besten jemanden vor Ort kennen, der die Speisen und am besten auch die Hintergrundgeschichten kennt. Mit Birgitt, die hoffentlich demnächst ihr eigenes Strick- & Kochblog eröffnet, habe ich da genau die Richtige kennengelernt. Neben unseren tollen Gesprächen über Gott und die Welt geht es auch immer wieder um regionale Spezialitäten aus dem "Hamburger Speckgürtel", wie die Region nördlich von Hamburg, zum Beispiel Pinneberg, Elmshorn etc. genannt wird. Zu ihrem Geburtstag durfte ich bereits die "Hamburger Aalsupp" kennenlernen, die mitnichten etwas mit dem fetten Fisch zu tun hat, sondern sehr reichhaltig ist und eben "aallns" (hochdeutsch: alles) drin hat, was man so finden könnte. Im Februar war es dann Zeit für eine weitere regionale Spezialität: Die "grauen Erbsen".

Die Geschichten drum herum sind vielfältig (siehe Wikipedia oder die Seite der Gilde in Elmshorn), aber allen gemein ist die Tatsache, dass die Bevölkerung nach dem Dreißigjährigen Krieg hungerte. An der Krückau (dem Flüsschen, dass durch Elmshorn fließt) wurden daher Kapuzinererbsen, die sogenannten "grauen Erbsen", die zuvor für die Speisung der Tiere vorgesehen waren, einen Tag lang eingeweicht und mit Gemüse gekocht. So konnten die Menschen überleben. Als gute Tradition konnte man über lange Zeit am Faschingsdienstag in Elmshorn in den Gaststätten gratis "graue Erbsen" essen, als Erinnerung an diese entbehrungsreiche Zeit. Inzwischen wird dieses Gericht mit einigen deftigen Beilagen sehr günstig an die Besucher, die auch von außerhalb Elmhorns und der Umlandgemeinden anreisen (so wie wir aus Kiel) abgegeben.

So kam es, dass wir uns in der letzten Februarwoche in einer gemütlichen Gaststube in Klein Offenseth-Sparrieshoop einfanden und die lokale Spezialität kosten durften.


Serviert wurden uns die grauen Kapuzinererbsen, die  über Nacht eingeweicht mit Zwiebeln und Möhren gekocht wurden, mit diversen Beilagen. Petersilienkartoffeln mit kräftigem Kartoffelgeschmack, Kochwurst (auch als Kohlwurst bekannt), Kasslerscheiben und Scheiben der auch zum Grünkohl so beliebten "Schweinebacke" - mit der man mich jedoch nicht wirklich glücklich machen kann - sowie Senf zur weiteren Würzung. Was mir hingegen sehr gut gefallen hat, war die sogenannte "Speckstippe", (rechts unten im Bild), die noch einmal kräftig Geschmack an das sowieso schon reichhaltige Essen brachte. Dazu wird Speck kleingeschnitten, ausgelassen und Fleisch und Fett auf die grauen Erbsen gegeben. Quasi ein "Superbooster" für die Hülsenfrüchte. Auf dem Bild unten das Ganze noch einmal als "Tellergericht", wobei Alex es mit zwei großen Suppenkellen voller grauer Erbsen ein wenig zu gut mit mir gemeint hat. Ich hoffe, die Küche hat es nicht als Beleidigung angesehen, dass ich diese Portion nicht komplett aufessen konnte :)



Am Ende musste natürlich noch ein "Verteiler" her. Auch wenn sich hartnäckig die Zeitungsartikel häufen, dass Alkohol nach einem schweren Essen gar nix bringt, machen wir es trotzdem mit Leidenschaft. Placebo-Effekt? Man weiß es nicht. Aber ein Linie Aquavit oder Kümmelschnaps passt ganz hervorragend zu diesem Winteressen. Uns hat der Ausflug in die regionale Küche auf jeden Fall viel Spaß gemacht und wir sind jederzeit wieder daran interessiert, tolle alte (für uns neue) Dinge kennenzulernen.

Leider haben wir auf dem Rückweg erleben müssen, wie trotz stark gedrosselter Geschwindigkeit ein Reh gegen unseren Kotflügel geprallt ist. Polizei und Jäger konnten das Tier jedoch nicht finden und auch an unserem Auto war außer einigen Tierhaaren im Taschenlampenschein nichts zu sehen. Tief drin glimmt also ein Funken Hoffnung, dass das kleine Reh noch so weiche Knochen hatte, dass es den Aufprall überlebt hat. :-/ Deshalb kann ich nur die Warnung aussprechen: Wenn an der Landstrasse schon Schilder einen Wildwechsel anzeigen, den Fuß vom Gas und die Seitenstreifen beobachten. Und das Beste für Mensch und Tier hoffen. Ich war danach noch einige Zeit ziemlich durch den Wind.